Archiv für den Monat März 2019

Totem und Tabu

Ausnahmsweise regnet es in der Nacht zum Samstag und am Morgen. Grund genug, das Australien Museum zu besuchen. Natürlich kommen andere auf die gleiche Idee, vor allem Scharen von Familien mit kleinen Kindern. Australische Museen sind auch Kinderspielplätze. Leider bleiben die Kleinen nicht in ihren reservierten Ecken, sondern toben überall herum. Manche feiern an diesem Samstag Kindergeburtstag.

Ich konzentriere mich auf die Abteilung der Aborigines der Sydney-Region. As die Briten eintrafen, wurde der Hafen von mehreren hundert Stämmen (4000-8000 Menschen) bewohnt. Mit den Stämmen der Eora und Cadigal schlossen die Europäer erste „Verträge“. James Cook betrat 1770 die von ihm so benannte Botany Bay. Die sog „First Fleet“ traf 1787 mit elf Schiffen unter Arthur Phillips ein, um eine Siedlung und Strafkolonie aufzubauen. Neben der Disziplinierung der Strafgefangenen lag ihm an friedlichen Beziehungen zwischen den Ureinwohnern und den Siedlern. Es heißt, dass er recht moderne Verhaltensregeln im Umgang zwischen den Europäern und den Aborigines aufstellte, weshalb Frieden bewahrt werden konnte. 1789 jedoch brach eine verheerende Pockenepidemie aus, worauf ein Großteil der Eora in kurzer Zeit verstarb. Wenige Jahre nach Ankunft der Europäer war nur noch ein Zehntel der ursprünglichen Bevölkerung am Leben. Bereits 1892 zählte man hier mehr Europäer als Ureinwohner.

Als die „First Fleet“ 1788 hier eintraf, um eine Strafkolonie zu gründen, trafen die Briten auf Ureinwohner, die sie kaum verstanden. Heute umfasst die Museumssammlung 20000 Objekte ihrer Kultur, darunter tödliche Waffen. Die aktuelle Ausstellung betont besonders die ökologische Weisheit der Aborigines. Sie betrachten den Menschen als Teil der Natur. In ihren Objekten, aber auch in Filmen berichten sie, wie sie gelebt haben. Ich höre Geschichten über die Völker der Eora, Cadigal, Guringai, Wangal, Gammeraigal und Wallumedegal – sie waren die Ureinwohner des Küstenvorlandes in der Umgebung des Hafens.

Manche Aspekte ihrer Weltsicht fordern uns heraus, besonders Totem und Tabu. Seit Freud darüber phantasiert hat, ist das Thema ja bekannt.  Mich erstaunt, dass das Kozept noch wirksam ist. Ich schreibe die Erklärungen mit bis der Kugelschreiber leer ist. (In dem Museumsladen  haben sie keinen!) Da ist das kollektive Verhalten, das letztlich wohl unserem Individualismus überlegen ist. Man sieht das in einem Film, der indigenen Fischfang zeigt. Eine ganze Mannschaft ist dafür nötig. Frauen sind dann für die Zubereitung zuständig. Kinder sind selbstverständlich dabei und schauen zu. Wie will man das nötige Umdenken zugunsten der Natur erreichen, wenn individueller Konsum höchstes Lebensziel bleibt? Welche Umdeutung hat eigentlich stattgefunden, dass wir Erde als schmutzig und Plastik als sauber bezeichnen? Unverstanden bleiben viele spirituelle, ja magische Aspekte. So wird ein indigener Zauberer gezeigt, der (angeblich) Krokodile so beeinflussen kann, dass sie für ihn auf Beute gehen.

Das Museum unterstützt indigene Gemeinschaften, die sich gegen die Umweltzerstörung zur Wehr setzen. Ein Problem sind beispielsweise zurückgelassene oder verlorene Fischernetze, in denen Meerestiere verenden. Aborigines haben gelernt, aus Tauen und anderen Resten Kunstwerke zu schaffen, die sie verkaufen können.

Trotz vieler Beispiele, die ermutigen, ist die Gesamtgeschichte traurig. Eine Art „Kain und Abel“- Schöpfungsgeschichte (Narawarn und Arrilla)  sorgt für „salzige Tränen“. Alle Menschen werden in Tränen geboren.

Schaut man sich die politischen Dokumente des andauernden Freiheitskampfes der Aborigines an, schüttelt man nur noch den Kopf über die Borniertheit der australischen Gesellschaft bis in die sechziger Jahre. (Beispiel: In einer Kleinstadt wurde den Aborigines das Schwimmbad verboten. Die weißen Mädchen könnten sonst schwanger werden.) Es waren dann weiße Studenten (vor 1968!), die unter dem Einfluss der Lektüre der Schriften und Predigten Martin Luther Kings gegen diese (nie so genannte) Apartheid Australiens ankämpften. Ihnen sind außerhalb des Museums keine Denkmäler gesetzt.

Eine aktuelle Notiz aus der Zeitung bestätigt das andauernde Drama: Die Lebenserwartung der Aborigenes ist kurz. Die Suizidrate indigener Jugendlicher ist überdurchschnittlich hoch.

https://australianmuseum.net.au/exhibition/bayala-nura-yarning-country/#gallery-279-2

Flug nach Sydney

Schaut man von Neuseeland auf den Globus, liegt die Südsee nah. Warum nicht die Weltreise ostwärts vollenden? Die Versuchung ist groß, aber dann siegt die finanzielle Vernunft.

In Wellington hat der Wind die ganze Nacht an den Fenstern gerüttelt, sodass wir unserm Flug etwas besorgt entgegensehen. Der Flugplatz liegt obendrein in einer Schneise, wo die Stürme wenig Widerstand finden. Man beruhigt uns: Das Landen sei manchmal ein Problem, das Starten nicht so sehr. Wir werden dennoch ziemlich durchgerüttelt, was noch das Aufregendste ist.

Das Fliegen hat das Reisen entzaubert. Eigentlich sind alle Flüge gleich: Man sitzt eng gefesselt mit Nachbarn zusammen, mit denen man in der Regel nicht redet, schaut sich blöde Filme an, weil man nicht lesen kann und isst sogenannte Menüs, die irgendwie international schmecken. Das alles wird serviert mit einem enormen Verbrauch von Plastik, was wahrscheinlich die geringste ökologische Sünde ist. Was macht man, wenn das Gewissen schlägt? Man benutzt es nicht. Mit Wehmut lese ich alte Berichte von Reisenden mit dem Schiff. Mussten die eigentlich auch erst einmal durch Supermärkte voll Kosmetika und Alkoholika gehen?

Obwohl der Flug über drei Stunden dauert, kommen wir wegen der zweistündigen Zeitverschiebung recht früh in Sydney an. Der Kingsford Smith Airport ist groß, aber gut organisiert. Die Abfertigung ist schnell, diesmal werden wir  nicht mal auf Lebensmittel kontrolliert.

In der Zeitung lese ich später, dass die Fluglotsen überlastet sind, dass die Sicherheit kaum noch garantiert  werden kann. Sie schieben Überstunden ohne Ende. Der Syrer Khaled Khayat wird verurteilt, weil er eine Bombe in einem Fleischwolf reinschmuggeln wollte, um eine Maschine der Etihad in die Luft zu sprengen. Nie mehr werde ich mich über Sicherheitskontrollen ärgern.

Wir haben ein Quartier gebucht beim YWCA. Wir wählen einen Shuttelbus, der uns bis zum Hotel bringen soll. Eine gute Alternative zu Taxis und der Bahn! Allerdings landen wir zunächst im Hauptbüro des australischen CVJM. Deren Gästehaus ist mittlerweile das „Song-Hotel“, in dem wir nichts Christliches entdecken. Das Personal ist freundlich und hilfsbereit, die Qualität der Zimmer gut. Die Lage nahe am Hyde Park hervorragend! Billig ist es nicht, aber man gönnt ja der Kirche das Geld.

Nach kurzer Rast  zieht es uns zu einem der Häfen, der seltsamerweise „Darling“ heißt. Wie so oft ist aus der maritimen Arbeitswelt ein touristischer Freizeitpark geworden. Das beginnt schon mit einem chinesischen „Freundschaftsgarten“, den die Volksrepublik in ihrer Charmeoffensive gestiftet hat. Dann folgt der Tumbalongpark mit Spielplätzen für Kinder. Für die Erwachsenen gibt es das „ICC Sydney Theatre“, wo Weltstars auftreten. Das Veranstaltungsangebot ist überwältigend, die Eintrittspreise sind es allerdings auch. Dann spazieren wir in freundlicher Nachmittagssonne am ICC Exhibition Centre vorbei zum ICC Convention Centre. Natürlich folgen an der Cockle Bay Shopping-Centres mit allem, was  kein Mensch braucht. Im eigentlichen Hafenbecken (Tumbalong) machen Segler fest, landen Fährschiffe und einige Schiffs-Oldtimer, die zum Maritime Museum gehören. Das spare ich mir für einen folgenden Tag auf. Das berühmte Aquarium (Sea Life), den Zoo (!) und Madame Tussauds Figuren lassen wir aus.

Dann geht es in der Rushhour zurück über die Pyrmont (!)- Brücke zur Marketstreet mit dem „Queen Victoria Building“, vor dem die versteinerte Königin würdevoll thront. Das schöne koloniale Gebäude ist eine frühe Form der „Mall“ mit diversen Fachgeschäften und Cafés. Geht man hindurch, kommt man zum Rathaus, der „Town Hall“. Ich komme nicht umhin, den Briten für diese Bauten einen gewissen Respekt zu zollen. Ibisse laufen zu meiner Verblüffung in der Stadt herum. Bevor die Füße vollends müde werden, kehren wir über den Hyde Park mit seinem scheußlichen Kriegerdenkmal ins Hotel zurück. Sydney mit seinem angenehmen Klima gefällt uns schon.

Abschied von Neuseeland

Als wir uns kurzfristig entschlossen, Freunde in Neuseeland zu besuchen, konnten wir nicht ahnen, dass wir gerade eine für das Land besonders schmerzliche Zeit ausgesucht hatten. Der 15. März wird als „Black Friday“ in Erinnerung bleiben.

Am heutigen Freitag nun war  die nationale Trauerfeier. Einmal mehr überzeugte die Premierministerin Jacinda Ardern, indem sie ihre englische Ansprache mit Worten der Maori-Sprache anreicherte und auch muslimische Grußformeln verwendete.

https://www.stuff.co.nz/national/christchurch-shooting/111645738/jacinda-ardern-we-will-remember-the-tears-of-our-nation

Immer noch weigert sie sich, dem Attentäter Publizität zu verleihen oder auch nur seinen Namen zu nennen. Allerdings finde ich es zu einfach, ihn einfach als Verbrecher oder als Monster (wie ich es anderswo hörte) zu sehen. Die schlimmsten Verbrechen werden aus ideologischen Motiven mit gutem Gewissen  begangen, weshalb es wichtig ist, seine Netzwerke aufzuklären.

Ironischerweise muss man wohl sagen, dass der Attentäter Gedanken formulierte, die lange zur Staatsraison Neuseelands (und Australiens) gehörten. Bis in die jüngste Vergangenheit sollte – wie viele Migrationsmuseen zeigen – der Kontinent der weißen Rasse gehören. Europäer waren als Einwanderer willkommen, Asiaten und Muslime nicht. Neuseeland unterscheidet sich allerdings von Australien durch eine sozialere und liberalere Politik. Man sieht darum in den Straßen Neuseelands Menschen aus allen Herkunftsländern, was eben den weißen Rassisten nicht passt.

Ich gebe zu, dass ich bisher über die Maori wenig wusste, die anders als die Aborigines nicht schon  seit Jahrtausenden im Land wohnen, sondern selber eingewandert sind. Über ihre Geschichte und Kultur erfahre ich am meisten im hervorragenden  Nationalmuseum.

https://www.tepapa.govt.nz/visit/exhibitions/ko-rongowhakaata-story-light-and-shadow

Offenbar möchte Neuseeland Sprache und Kultur der Maori wieder beleben. Viele Menschen lernen ihre Sprache, immer mehr öffentliche Bezeichnungen sind zweisprachig. Es gibt entsprechende Radio- und Fernsehsendungen. Wenigstens können wir die Schrift lesen und gut aussprechen.

Wellingtons früheste Bezeichnung ist „Te Upoko o Te Ika a Maui“ („Der Kopf von Mauis Fisch“). Für die Maori ist der Kopf eines Fisches mehr wert als der Rest. Nach heutigen Erkenntnissen sind um das Jahr 1280 n. Chr. Verschiedene polynesische Gruppen mit ihren Booten gelandet und haben in der Gegend des heutigen Wellington gesiedelt. Die verschiedenen Stämme bekriegten sich durchaus.

As die ersten Europäer kamen (Abel Tasman 1642, James Cook 1770) gab es viele Maori-Siedlungen. Erst siebzig Jahre später gelang die erste britische koloniale Besiedlung durch Landkauf. Die Uneinigkeit der Maori konnten die Europäer ausnutzen. Sie bekamen Land von den Te Ati Awa im Tausch gegen hundert Musketen, hundert Decken und sechzig roten Nachtmützen, Regenschirmen und  anderen Kleinigkeiten. Schon 1846 zählte Wellington 4000 Europäer. Anderswo wehrten sich die Maori in mehreren Kriegen, die sie letztlich verloren.

Heute ist Wellington eine multikulturelle Hauptstadt. Nur 8% zählen sich zur Gruppe der Maori. Nur 20 % von diesen beherrschen ihre traditionelle Sprache,  andere wollen sie aber wieder lernen. Die meisten haben sich den christlichen Kirchen angeschlossen, wobei sie Elemente ihrer Überlieferung beibehalten. Die ersten Siedler waren ja Angehörige der Anglikanischen Kirche, was viele kleinere und größere Kirchengebäude zeigen. Und nicht zuletzt die Namen von Städten wie „Christchurch“. Durch die Einwanderung aus katholischen Ländern ist nun die römische Kirche die statistisch größte. Beide Kirchen betreiben Privatschulen, die gut angenommen werden. Aber auch die vielen Kirchenchöre haben mich beeindruckt, vor allem, wenn Musliminnen mit Kopftuch mitsingen. So ist zu hoffen, dass die interreligiöse Zusammenarbeit nach diesem Terrorakt noch enger wird.

Die Freundlichkeit der Menschen ist nicht nur in der Kirche überwältigend, wo man sich herzlich begrüßt. Wo noch sagen die Leute beim Aussteigen aus dem Bus dem Fahrer „Danke“? Schade, dass wir nicht länger bleiben können.

Der Vulkan Ruapehu

Eine besondere Attraktion Neuseelands sind die Vulkane, die etwa 300 km nördlich von Wellington liegen. Da das Wetter beständig gut bleibt, machen wir uns auf den Weg, genauer  gesagt auf die Nationalstraße Nr.1. Sie ist gut ausgebaut, sodass wir rasch die Großstadt hinter uns lassen. Der Verkehr nimmt nach anfänglichen Staus rapide ab. Bei Paraparaumu schauen wir auf das Meer mit der unbewohnten Insel Kapiti. Ungestört von Menschen soll sich dort die Natur entfalten können. Auf den Hügeln grasen Schafe, mitunter auch Kühe, ganz selten Pferde. Die Städte und Dörfer sind klein, bestehen meistens aus einstöckigen Häusern. In Bulls rasten wir. Die Leute haben dort am Eingang und Ausgang Standbilder von Bullen aufgestellt, die auf die Straße zu stürmen scheinen. Wir nehmen die Straße Nr. 3 nach Whanganui, einem idyllischen Städtchen am Fluss. Mit der Straße Nr. 4 gelangen wir nach Ohakune, dem Eingang zum Tongariro-Nationalpark. Er wurde schon 1887 eingerichtet und umfasst 79000 Hektar. Neben dem Tongariro, Ngauruhoe ist der Ruapehu der höchste Vulkan. Im Winter ist das ein Skigebiet. Eine Stichstraße führt in die Höhe. Unser Ziel ist aber eine Ansammlung von Lodges, die sich „Nationalpark-Village“ nennt. Von dort unternehmen wir schöne Wanderungen zu einem Wasserfall und hoffen, dass sich einmal der Ruapehu frei von Wolken zeigt. Für eine richtige alpine Besteigung sind wir weder vorbereitet noch ausgerüstet.

Der Ruapehu ist mit 2797 m der höchste Vulkan Neuseelands, der immer wieder ausbrechen kann. Die schlimmste Katastrophe mit 151 Toten verursachte 1953 eine Schlammlawine, bei der eine Eisenbahnbrücke einstürzte, als gerade ein Zug darüber fuhr. Die jüngsten starken Ausbrüche fanden 2007 statt. Sie wurden von einem Erdbeben unterstützt. Der Gas- und Ascheregen explodierte 5000 m hoch. In einem Informationszentrum bei Whakapapa sind entsprechende Fotos ausgestellt, dazu aber auch nützliche Informationen über die Flora und Fauna. Es fehlt nicht der Hinweis, dass man mit dem Kratersee respektvoll umgehen soll, da dieser den Maori heilig ist. Sie gelten noch immer als Hüter dieses Gebietes.

Zurück geht es dann auf der Straße Nr.47 zum Taupo See bei Turangi und von dort südwärts auf der Straße Nr.1 durch Wüste, Schluchten und über Berge nach Taihape. Glücklich erreichen wir nach drei Tagen die Hauptstadt wieder.

https://www.visitruapehu.com/things-to-see-and-do/tongariro-alpine-crossing/safety/

Ausflüge im Schatten der Trauer

Zur Südinsel Neuseelands überzusetzen, ist uns zu weit, obwohl sie am Horizont lockt. Als Ersatz nehmen wir die Fähre nach Eastbourne, wo man einen schönen Strand findet, aber auch einen Wanderweg in die Berge. http://www.eastbywest.co.nz.

Unterwegs legen wir an der Insel „Matiu/Somes Island“ an, auf der man sehr einfach übernachten kann. Ansonsten ist die Insel ein Vogelparadies. Seit die Ratten ausgerottet wurden, entwickeln sich auch Eidechsen, Warane und der kleine Pinguin „korora“. Für Generationen war sie auch Verteidigungsposten der Maori, die sie nur mit ihren Booten („waka“) erreichen konnten. Von 1870 bis 1920 war es die Quarantäne-Station. Und im 1. Weltkrieg internierte man deutsche Soldaten. Ein Foto zeigt sie, wie sie in Uniform mit Pickelhaube den Geburtstag des Kaisers feierten.

https://www.doc.govt.nz/parks-and-recreation/places-to-go/wellington-kapiti/places/matiu-somes-island/

An diesem Freitag wird natürlich überall, vor allem in den Moscheen, der Opfer des Terroranschlags vor einer Woche gedacht. Viele Schüler sind darüber hinaus traurig, dass ihre mächtige Demonstration vor dem Parlament für eine klimasensible Politik in den Medien völlig untergegangen ist. Dabei hatten – anders als in vielen Ländern – sogar die (rot-grünen) Regierungsvertreter mit ihnen diskutiert.

Übrigens hat sofort am 15.3. der Weltkirchenrat (ÖRK) seine Solidarität mit den betroffenen Muslimen zum Ausdruck gebracht. Pfarrer Ray Coster, Mitglied des ÖRK-Zentralausschusses aus Aotearoa Neuseeland, sagte: „Wir teilen mit den Schwestern und Brüdern innerhalb der großen ökumenischen Familie unseren Schmerz und unsere Trauer an einem der schwärzesten Tage unseres Landes und bitten um ihre Gebete für die vielen trauernden muslimischen Familien. Einige dieser Familien mögen Migrierende oder Flüchtlinge sein. Sie gehören zu uns. Viele von ihnen haben bei uns Zuflucht und Schutz gesucht, denn Aotearoa Neuseeland gilt als ein sicheres Land. Als Nation stehen bei uns Mitgefühl, Freundlichkeit und Toleranz hoch im Kurs. Was wir hier heute erlebt haben, hat in unserer Kultur keinen Platz.“

https://www.oikoumene.org/en/press-centre/news/wcc-condemns-terror-attacks-on-mosques-in-new-zealand-calls-for-end-to-violence

Einige haben aufgerufen, als Zeichen der Solidarität sollten Frauen den „hijab“ tragen wie es die Premierministerin auf Trauerfeiern getan hat. Manche Musliminnen finden das aber übergriffig, man solle besser mit ihnen reden.

“The attack in Christchurch was not just about Muslims, it was against any person of colour in a ‚white‘ country so this focus on hijabs is derailing the examination of white supremacy, systematic racism, Orientalism and bigotry. We don’t want to be turned into a caricature. Please do not support something as stupid as this and next time, hear the voices of young Muslim women, feminist Muslim women, rainbow Muslim people, young Muslim men, disabled Muslim people. Find out what are they saying and how they are feeling. Ngā mihi maioha.“

Makara Beach

Morgens gehe ich in die hiesige  Stadtteilbibliothek, in der man auch essen und trinken kann. Ich lese dort die Hauptstadtzeitung „The Dominion Post“. Die Lokalnachrichten nehmen den größten Teil ein. Über das Ausland wird auf S.28 (!) berichtet. Sie ist mit einer Auflage von 94000 Exemplaren die zweitgrößte Zeitung Neuseelands.

Die Regierung verbietet Sturmgewehre und halbautomatische Waffen. Das Verbot gilt ab sofort, ein entsprechendes Gesetz soll zum 11. April folgen, wie Premierministerin Jacinda Ardern ankündigte. Neuseeland legt zudem ein Rückkaufprogramm für die verbotenen Gewehre auf. Der Beschluss ist eine Reaktion auf das Massaker in zwei Moscheen mit 50 Toten in der neuseeländischen Stadt Christchurch am 15. März. Das nenne ich eine angemessene und prompte Reaktion.

https://www.stuff.co.nz/national/christchurch-shooting/111469934/police-urge-people-not-to-bring-firearms-to-police-stations-following-gun-law-changes.

Die Regierung ist eine Koalition von Sozialdemokraten, Grünen und der Minipartei „Neuseeland First“, die aber den Außenminister Winston Peters stellt. Der wird jetzt in die Türkei geschickt, um gegen die demagogische Rede von Erdogan gegen Neuseeland zu protestieren. Es ist schon übel, aber fast normal, dass einige Leute solche Tragödien politisch ausnutzen wollen.

Unsern Plan, die neuseeländische Nordinsel zu durchqueren geben wir schnell auf, als wir bloß ein kleines Stück zur Küste zum Makara Strand fahren. Die schmale kurvenreiche Bergstraße erinnert an Alpenstraßen in  den 50iger Jahren. Vom Stadtteil Karori aus, wo wir wohnen, ist diese Küste in einer halben Stunde zu erreichen.

Zunächst besuchen wir eine „Windfarm“ auf den Höhen. Ein traumhafter Blick über das Meer bis zur Südinsel belohnt den Aufstieg. So viele Windräder haben wir in ganz Australien nicht gesehen. Über sechzig Turbinen werden angetrieben. Die exponierte Lage sorgt für starke Windströmungen.

Auf unserem Wanderweg finden wir etliche Tierfallen. Man fängt vor allem Ratten, Wiesel und Marder. Aber auch Igel gelten als Schädlinge, weil sie die einheimischen Tiere ausrotten. Im nahen Wäldchen wachsen Pilze, darunter richtig schöne rote Fliegenpilze.

Unterhalb der Steilküste liegt ein Kieselstrand. Schwimmen ist wegen der Strömungen gefährlich. Außer ein paar jungen Leuten sind erstaunlicherweise kaum Menschen da. Ein paar Holzhäuser, eine öffentliche Toilette, ein geschlossenes Café.

Wir genießen das schöne Wetter. Insgesamt scheint in Wellington öfter und länger die Sonne als in Auckland oder Melbourne, die beide nördlicher und somit näher zum Äquator  liegen. Pro Jahr sind es über 2035 Stunden. Wider  Erwarten regnet es nicht.

Wellington, NZ

Die Hauptstadt Neuseelands ist hügeliger als gedacht. Das merkt man erst richtig, wenn man zu Fuß geht. Das Wetter meint es gut mit uns, die Sonne scheint milde, 20 Grad. Wir wandern auf den Wrights-Hill, von dem man eine herrliche Sicht auf die Bucht hat.

Natürlich steht unser Besuch jetzt im Schatten des Terroranschlags von Christchurch. Überall wehen die Flaggen auf Halbmast. Wir kommen am Haus der Premierministerin vorbei, die in diesen Tagen sich hervorragend bewährt. Bisher kannte ich nicht einmal ihren Namen, obwohl sie eine erstklassige Rede in der UNO, quasi als Antwort auf Trump, gehalten hat.

Die Zeitungen hier sind vollauf mit der Trauerarbeit beschäftigt, interviewen davongekommene Beteiligte oder Verwandte der Opfer. In der anglikanischen Kathedrale findet gerade ein Gebet für die Opfer des Anschlags statt. In der Mitte ist ein Bild mit einer Moschee aufgebaut, wo „Solidarität mit unseren muslimischen Schwestern und Brüdern“ ausgedrückt wird. Eine Kerze brennt dazu.  Der Terror bringt hier die Religionen zusammen.

Wir gehen zum Parlamentsgebäude, wo man über die Einschränkung des Waffenbesitzes diskutiert.

Die neuseeländischen Politiker haben bereits mehrmals versucht, den Zugriff auf Schusswaffen im Land zu beschränken. Doch die starke Waffenlobby hat diese Pläne regelmäßig zunichte gemacht. Der Chef der neuseeländischen Polizeigewerkschaft, Chris Cahill, stimmt der Premierministerin  zu. Der Gedanke an die sinnlose Gewalt und das schreckliche Blutbad in den Moscheen in Christchurch mache ihn krank. Es sei jetzt an der Zeit, der radikalen Waffenlobby des Landes Stirn zu bieten. Premierministerin Jacinda Ardern sei mit ihren Plänen, die Waffengesetze zu verschärfen, auf dem richtigen Weg. Alle Neuseeländer müssten ihr nun den Rücken stärken, sagt Cahill.

Neuseeland hat selber ein Problem mit rechtsradikalen Weißen, die im Grunde die alte, verfehlte Rassenpolitik fortsetzen möchten. Inzwischen sind aber die Ureinwohner gleichberechtigt. Man fördert wieder ihre Sprache. Viele Inschriften sind zweisprachig. Ob man eines Tages der Stadt ihren ursprünglichen Namen zurückgibt statt den heutigen nach einem britischen  Herzog von Wellington? Te Whanganui-a-Tara müsste die Stadt dann heißen.

Die Stadt hat mittlerweile über 190000 Einwohner und leistet sich ein paar Hochhäuser in der City. Sie unterscheiden sich nicht von anderen in aller Welt.

Vor dem Bahnhof steht eine Statue von Gandhi mit der Inschrift „Sei selber die Veränderung, die du für die Welt wünschst.“ Anscheinend hat Gandhi ein Beispiel gewaltlosen Widerstands der Maori gegen die Kolonialisten im 19. Jahrhundert gekannt.

Die katholische Kathedrale ist geschlossen, weil man sie erdbebenfest restaurieren will. Aus dem gleichen Grund ist die Stadtbibliothek geschlossen. An einem solch schönen Tag kann man sich gar nicht vorstellen, dass die Stadt immer wieder von gewaltigen Erdbeben erschüttert wird. Unweit des Stadtzentrums schiebt sich die leichtere dicke Australische Platte über die dünnere, aber schwerere Pazifische Platte. Zahlreiche Erdbeben haben die Landschaft in den vergangenen Jahren völlig verändert. Plakate mahnen uns, wie wir uns im Ernstfall verhalten sollen. („Vor allem den Kopf schützen.“)

Im Hafen liegt gerade ein großes Kreuzfahrtschiff, sonst ist da nicht viel los. Es fährt zum Abendessen wieder hinaus.

 

 

Mein Rassismus?

Der terroristische Anschlag in Christchurch, aber auch die Internationale Woche gegen Rassismus sind besonderer Anlass, einmal mehr über Rassismus nachzudenken. Auf dem Flug nach Neuseeland habe ich Zeit dazu.

Immer wieder beschäftigt mich die Lage der Aborigines. Wir haben dazu viele Filme gesehen, über die ich gesondert berichten möchte. In Darwin fielen sie uns ziemlich negativ auf, im Outback waren unsere Beobachtungen gemischt. In Adelaide oder Melbourne sahen wir kaum welche.

Die überdimensionierte Polizeistation in Alice Springs fällt mir auf. Ca. 30 Polizeiautos parken dort mit der schönen Aufschrift „crime stoppers.“ Sie gleichen Pickups, die hinten einen eisernen Käfig haben. Da kann man wilde Hunde oder auch Aborigines einsperren. Es wäre unfair, hier von einer Art Apartheid zu sprechen, aber die australische Gesellschaft hat eindeutig ein Rassen-Problem. Ob da die TV-Werbesendungen viel ausrichten, die ständig die multikulturelle „We are one nation „- Botschaft verkünden? Wir Europäer, speziell wir Deutschen, sind sicherlich die letzten, die hier den Zeigefinger erheben dürfen. Haben wir doch in Europa ein ungelöstes Problem mit den Menschen, die man früher Zigeuner nannte. Gewisse Parallelen sind nicht zu bestreiten.

Ich sehe, dass der australische Staat jetzt finanziell viel für die Aborigines tut. Man möchte die Vergangenheit hinter sich lassen, wo sie wie wilde Tiere angesehen und oft wie Sklaven gehalten wurden. Die christliche Mission trägt eine gewisse Mitschuld, hat sie sich doch mit ihren Internaten und Schulen einspannen lassen für den Versuch, dass diese Menschen total mit ihrer Kultur brechen. Oftmals wurden noch bis in die siebziger Jahre den Eltern die Kinder weggenommen und bei weißen Familien aufgezogen. Man nennt sie die „gestohlene Generation“.

Insgesamt zählen sich nur 2,8% der Australier zur indigenen Bevölkerung. Das mögen 650 000 Personen sein. In Alice Springs sind sie aber stark vertreten. Ein Hostel ist beispielsweise nur für sie bestimmt. Ich sehe keinen von ihnen arbeiten. Die Putz- und Servicearbeiten im Hotel übernehmen vorwiegend Asiaten. Ein Reporter erzählt uns von einer Bekannten, die einen Aborigin-Mann angestellt hatte, der bei ihr Arbeit suchte. Als er nach kurzer Zeit nicht mehr  erschien und  sie nachfragte, erklärte er, dass seine Gemeinschaft die Arbeit bei Weißen verboten habe. An deren Weisung hält er sich. Andererseits hat dieser Reporter selber einmal bei einem aborigin Anwalt gearbeitet, der mittlerweile eine erfolgreiche Karriere als Politiker nachweisen kann.

Doch wie steht es mit meinem eigenen Rassismus? Warum finde ich viele Gesichter unheimlich? Im Bus sitze ich ungern in ihrer Nähe, schon gar  nicht eine ganze Nacht. Ich kann wohl die Augen schließen, aber kaum die Ohren (wenn sie schreien) und erst recht nicht der Nase verbieten zu riechen. Sind es Kindheitserinnerungen, die mich unbewusst beeinflussen? Als Kind habe ich gern Märchen gelesen von wilden Menschenfressern, die ein ähnlich wilde Mähne zeigten. Bestimmt uns noch immer die Angst vor dem schwarzen Mann? Oder ist womöglich gerade „die europäische Aufklärung“ verantwortlich?

„Mit rassistischen Denkmustern sind Gräueltaten gerechtfertigt worden wie der Kolonialismus und die Völkermorde der Nationalsozialisten. Doch die Ideen sind nicht mittelalterlich, sondern ein Ausfluss der mit der Aufklärung entstandenen Wissenschaft.

Die Frage nach den Anfängen des Rassismus ist in der Forschung umstritten. Unterdrückungsmechanismen, die wir heute als rassistisch bezeichnen würden, gab es schon in Eroberungsgesellschaften des Altertums und bei der transatlantischen Sklaverei ab dem 16. Jahrhundert, ohne dass damals bereits von „Rassen“ die Rede gewesen wäre. Die Geburt der Rassenkonzepte lag erst im 18. Jahrhundert, als die entstehenden Naturwissenschaften das Wissen über die Welt zu systematisieren versuchten und begannen, nicht nur Pflanzen, Tiere und Mineralien, sondern auch menschliche „Rassen“ zu klassifizieren. Dabei schlug die beschreibende Klassifizierung rasch in hierarchisierende Wertung – höher oder niedriger stehend – um.

Die Rassenkonzepte der Aufklärungszeit gewannen im 19. Jahrhundert enorm an Wirkung. Körperliche, intellektuelle und moralische Eigenschaften von menschlichen Individuen und Kollektiven erschienen nun als naturgegeben. Vertreter dieses biologistischen Denkens führten die Dominanz der Europäer über die Nichteuropäer wie auch die ungleiche Geschlechterordnung auf physische Unterschiede zurück, etwa die Größe des Gehirns. Ähnlich wurde die gesellschaftliche Schichtung erklärt und gerechtfertigt. Auch galten eine große Zahl physischer und psychischer Krankheiten sowie die Neigung zu Kriminalität, Alkoholismus oder Prostitution als erblich.“                                                          Prof. Christian Koller in: „weltsichten 2.2019“

Wenn also der Rassismus so tief in unserer Kultur steckt, sind tiefere Anstrengungen nötig. Die Kirchen könnten von ihrem Ursprung her interkulturelle Übungsfelder sein, aber leider sind sie oft nur Heimatvereine. Rassisten kommt man sicherlich nicht bei mit Beschimpfungen – direkt oder per Facebook. Man kann aber auch nicht jedem eine Psychotherapie verschreiben, die sicher nötig wäre, um die tief sitzenden Ängste vor Überfremdung zu überwinden. Bleibt also nur die geduldige Aufklärung, die auch über sich selbst und ihre Ambivalenzen aufgeklärt ist.

Melbourne 2

Erstmals hörte ich wohl von Melbourne, als ich am Radio 1956 die Olympischen Sommerspiele verfolgte. Die noch gesamtdeutsche Mannschaft errang sechs Goldmedaillen. Zwei allerdings in Stockholm, wo die Reiterwettbewerbe ausgetragen wurden. (Hans Günter Winkler auf seiner „Wunderstute“ Halla.) Der einzige Sportreporter unserer Zeitung (Hamburger Abendblatt) fuhr mit dem Schiff nach Australien. Das waren noch geruhsame Zeiten!

Jetzt kann man, wenn man unbedingt will, manche Nachricht, sogar Verbrechen,  sozusagen zeitgleich verfolgen. Ein zweifelhafter Fortschritt!

Die Verurteilung des Kardinal George Pell macht immer noch Schlagzeilen. Der Erzbischof von Melbourne Peter Comensoli hat sich noch einmal dazu geäußert. Er versucht natürlich, seine Mitglieder durch diese „darkest days for the catholic church“ zu bringen und für den Wiederaufbau zu motivieren. Er sieht die Zukunft in ziemlich selbständigen Gemeinden, die vor allem in den Vorstädten blühen. Tausende Teilnehmer an den Messen  in St.Albans South oder durchschnittlich fünfhundert in „Christ the Light“ in Mernda sind eine gute Ausgangsbasis. Ich finde bemerkenswert, dass er für den neuen Anfang auf Basisgemeinden setzt und nicht auf die etwas protzige Präsenz seiner Kathedrale.

http://www.cam.org.au/cathedral.

Da die Museen keinen Eintritt verlangen, müssen wir uns ein Zeitlimit setzen, um nicht in den Wahn zu fallen, alles noch sehen zu wollen. Wir entscheiden uns einmal mehr für die Kunst. Zwar ist es irgendwie verrückt, ausgerechnet in Australien die Meisterwerke europäischer Kunst zu bewundern. Aber die haben hier von Rembrandt bis Dali alles aufgekauft, was Rang und Namen hat. Zwar soll man die Leute nicht fragen, woher sie stammen. Bei einem Australier aus Turin mache ich eine Ausnahme, denn er hält nicht nur Wache, sondern belehrt uns auch. Als er merkt, dass meine Frau italienisch spricht, ist kein Halten mehr. Übrigens werden wir dauernd gefragt, woher wir kommen. Germany hat noch einen guten Klang.

https://www.ngv.vic.gov.au/explore/collection/curatorial/international-art.

Zu den Universitäten gehen wir nicht. Aber die vielen Studenten sind nicht zu übersehen.

In Melbourne werden Schiffe gebaut, aber auch Autos und elektronische Geräte der großen Marken. Daimler und Porsche haben ihren australischen Hauptsitz hier. Ebenfalls der größte Stahl- und Bergbaukonzern.

Vom eigentlichen Hafen sehen wir nicht viel. Container sind ja auch nicht besonders spannend. Immerhin fällt mir im Industriegebiet ein großer chinesischer Tempel auf mit einer großen Statue der Göttin Guilin, der Barmherzigkeit.

Ein paar zweifelhafte Kneipen sind im ehemaligen Hafenviertel übrig geblieben. Vorm „Gentleman’s Club“ steht wie ein Cerberus ein Aufpasser. Nebenan schwärmen „schräge Vögel“ aus einer Disco. Oder sind es Schauspieler? Jedenfalls ist der halbnackte, fette Glatzkopf mit seinem Bastrock schon eine spezielle Figur.

Morgen werden wir Abschied nehmen und den Flughafen Melbournes sehen.

 

Terror in Neuseeland

Es ist wie verhext. Kaum haben wir einen Flug gebucht, um Freunde in Neuseeland zu besuchen, da geschieht dieser schreckliche Terroranschlag in Christchurch. Da können wir uns auf verstärkte Sicherheitsprüfungen gefasst machen.
Die australischen Zeitungen berichten ausführlich, die in Melbourne führende „The Age“ gleich auf sieben Seiten. www.theage.com.au.
Neben der aktuellen Berichterstattung beschäftigt die Journalisten vor allem die Frage, wie der australische Attentäter Brenton Tarrant an die Waffen gekommen ist. Australien hat ziemlich strenge Waffenkontrollen und es dürfte unmöglich sein, mit Schnellfeuergewehren ins Flugzeug zu kommen. Neuseeland hatte den letzten Anschlag vor dreißig Jahren und geht etwas laxer mit Kontrollen um. Anders als in Australien gibt es dort für die meisten Waffen keine zentrale Registrierung, aber doch einen Waffenschein. Laut „The Age“ gibt es in Neuseeland 1,5 Millionen Feuerwaffen, also ein Gewehr für drei Leute. Gedacht ist dabei an die Jagd oder an Sport, nicht an Selbstverteidigung. Die Halter müssen Tests absolvieren und werden regelmäßig überprüft. Allerdings gibt es einen Schwarzmarkt, der schwer zu kontrollieren ist.
Alle wichtigen Politiker wie Premierminister Scott Morrison und Religionsvertreter haben ihre Anteilnahme ausgedrückt. Nur ein gewisser Senator von Queensland namens Fraser Anning machte die Einwanderung von Muslimen verantwortlich. Er erntete sofort starken Protest von allen Seiten.
In Melbourne habe ich keine Moschee gesehen, die es eher in den Randbezirken wie z.B. „Heidelberg“ (!) im Nordosten gibt. Ebenso fallen nur wenige verschleierte Frauen auf.
Wichtiger ist wohl der bleibende rassistische Wunsch nach „supremacy“ der Leute, die Australien wie früher „europäisch“ halten wollen. Der Attentäter hat nämlich ein 74-Seiten-Dossier verfasst „The Great Replacement“, in dem er betont, dass sein „Blut europäisch“ sei. Seine Gewährsleute sind europäische, rechtsextreme Terroristen. Wie weit er mit australischen Neonazis Kontakt hatte, ist noch unklar. Anscheinend hatte er Kontakt zum norwegischen Attentäter Anders Breivik. Beeinflusst ist er wohl auch von einer Anti-Immigrations-Gruppe, die sich nach den australischen Wildhunden „The Dingoes“ nennen.