Unsere monatliche Gesprächsrunde über politische Bücher ist am Ende nicht viel schlauer, was wir von dem neuen Buch „Das Risiko und sein Preis“ von Nassim Nicholas Taleb halten sollen. Sein Grundgedanke ist einfach: Je mehr wir unsere menschengemachten Verhältnisse zwanghaft zu beherrschen suchen, desto unbeherrschbarer werden sie. Den Eindruck kriegt man ja schon, wenn man die gegenwärtige Weltpolitik betrachtet.
Berühmt wurde der Amerikaner mit libanesischem Migrationshintergrund, weil er 2007 die Finanzkrise aufgrund seiner Berechnungen vorausgesagt hatte und stinkreich geworden war. Kann das aber nicht einfach Zufallsglück gewesen sein? Sind die Börsen nicht zu gewaltigen Lotterien geworden, die fatalerweise unsere Wirtschaft und Politik bestimmen?
Er beschreibt „Entscheider“, die nichts für sich selber riskieren, sondern bei Fehlern die Allgemeinheit zahlen lassen. So sehen wir einen amerikanischen Präsidenten Trump, der keineswegs seine Haut riskiert, sondern bei Fehlern ständig die Schuld bei andern sucht. Müssten aber Manager und Politiker für ihre Fehlentscheidungen aufkommen, – wer würde dann noch ein solches Amt übernehmen? Sie treten allenfalls zurück, oft nicht einmal das.
Ein Kritiker meint: „Wissenschaftler, Journalisten, Politiker erscheinen durchweg als „Scharlatane“, die jede Bodenhaftung verloren hätten. Er hat keinerlei Berührungsängste mit der rechtspopulistischen Holzhacker-Rhetorik und spricht von „politikgestaltenden Trotteln“ und „Intellektuellen also Idioten“ (eine von mehreren Fehlübersetzungen im Buch, im Original heißt es „intellectuals yet idiots“, also „Intellektuelle, die trotzdem Idioten sind“).“
Unsere Regierung möchte das Problem angehen, indem sie Heerscharen von externen Beratern bezahlen. Ob man dadurch schlauer wird?
Ich denke, wir überschätzen gern die Möglichkeiten der Sozialwissenschaft. Schon Aristoteles hat beschrieben, dass die präzise mathematische Logik nicht anwendbar ist, wenn man menschliche Gesellschaften verstehen will. Allzu viele subjektive Faktoren beeinflussen die Analyse.
Es ist darum noch immer die Frage sinnvoll: Mit welchem Interesse wird eine bestimmte Wissenschaft betrieben und vermarktet?
Also komme ich zu dem Schluss: Dieses Buch kann ich mir sparen. Ein anderes des Autors aber hole ich mir aus der Stadtbibliothek „Antifragilität. Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen.“ (Knaus Verlag 2012). Dort finden sich amüsante Bemerkungen aus der Welt der Wirtschaft, beispielsweise über die Schweiz: „… das letzte größere Land, das kein Nationalstaat ist, sondern ein Zusammenschluss kleiner, weitgehend sich selbst überlassener Gemeinwesen.“ S. 133. Taleb meint, dass kleine Strukturen besser sind als große. Unsere föderale Verfassung in Deutschland erscheint so in einem positiven Licht. Wir müssen sie nur nutzen.