Tag der Arbeit

Der 1.Mai ist für mich der schönste Feiertag, denn da hat auch ein Pfarrer keine Pflichten. Es sei denn, er gehört zur Arbeitsgemeinschaft „Kirche und Gewerkschaft“ und fühlt sich verpflichtet, an einer Kundgebung der Gewerkschaften teilzunehmen. In unserer Stadt findet aber gar keine statt. Wenn man bedenkt, dass der DGB mit seinen Einzelgewerkschaften eine riesige Organisation ist, dann ist diese Fehlanzeige am jährlichen „Kampftag der Arbeiter“ schon schwach. Zum Vergleich: Die Kirche begeht jeden Sonntag einen Feiertag mit mindestens einem Gottesdienst pro Gemeinde mit insgesamt mehr Teilnehmern als zu Bundesligaspielen kommen.

In meiner aktiven Zeit habe ich sogar Gottesdienste am 1.Mai veranstaltet. In diesem Jahr hätte ich aus der Umwelt-Enzyklika des Papstes „Laudato si“ vorgelesen, in der er sich zur heutigen Arbeitswelt äußert mit einem überraschenden Ausblick auf das Unternehmertum:

„129. Damit es weiterhin möglich ist, Arbeitsplätze anzubieten, ist es dringend, eine Wirtschaft zu fördern, welche die Produktionsvielfalt und die Unternehmerkreativität begünstigt. Es gibt zum Beispiel eine große Mannigfaltigkeit an kleinbäuerlichen Systemen für die Erzeugung von Lebensmitteln, die weiterhin den Großteil der Weltbevölkerung ernährt, während sie einen verhältnismäßig niedrigen Anteil des Bodens und des Wassers braucht und weniger Abfälle produziert, sei es auf kleinen landwirtschaftlichen Flächen oder in Gärten, sei es durch Jagd, Sammeln von Waldprodukten oder kleingewerbliche Fischerei. Die Größenvorteile, besonders im Agrarsektor, führen schließlich dazu, dass die kleinen Landwirte gezwungen sind, ihr Land zu verkaufen oder ihre herkömmlichen Produktionsweisen aufzugeben. Die Versuche einiger von ihnen, auf andere diversifiziertere Produktionsformen überzugehen, stellen sich am Ende als nutzlos heraus aufgrund der Schwierigkeit, mit den regionalen oder globalen Märkten in Verbindung zu kommen, oder weil die Infrastruktur für Verkauf und Transport den großen Unternehmen zur Verfügung steht. Die Verantwortungsträger haben das Recht und die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um die Kleinproduzenten und die Produktionsvielfalt klar und nachdrücklich zu unterstützen. Damit es eine wirtschaftliche Freiheit gibt, von der alle effektiv profitieren, kann es manchmal notwendig sein, denen Grenzen zu setzen, die größere Ressourcen und finanzielle Macht besitzen. Eine rein theoretische wirtschaftliche Freiheit, bei der aber die realen Bedingungen verhindern, dass viele sie wirklich erlangen können, und bei der sich der Zugang zur Arbeit verschlechtert, wird für die Politik zu einem widersprüchlichen Thema, das ihr nicht zur Ehre gereicht. Die Unternehmertätigkeit, die eine edle Berufung darstellt und darauf ausgerichtet ist, Wohlstand zu erzeugen und die Welt für alle zu verbessern, kann eine sehr fruchtbringende Art und Weise sein, die Region zu fördern, in der sie ihre Betriebe errichtet, vor allem wenn sie versteht, dass die Schaffung von Arbeitsplätzen ein unausweichlicher Teil ihres Dienstes am Gemeinwohl ist.“

Diese Enzyklika ist nach wie vor lesenswert. Ich nutze sie zur Vorbereitung eines Studientags der OFFENE KIRCHE : „Postwachstumsökonomie und Schöpfungsspiritualität“ am 5.5.2018 in Tübingen.

Bereits 1972 hat der Bericht des Club of Rome die „Grenzen des Wachstums“ der Weltöffentlichkeit bewusst zu machen versucht: Ein grenzenloses Wachstum auf einem endlichen Planeten hat katastrophale Folgen. Viel ist seitdem geschehen, doch viel zu wenig, um die planetarische Krise zu überwinden, die sich immer mehr abzeichnet. Mit einem Studientag möchten die Veranstalter darum die Thematik aufnehmen. Auftakt war ein Vortrag von Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker, dem Ko-Präsidenten des Club of Rome unter dem Motto „Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen“. Dazu wird der Studientag drei Schwerpunkte setzen: 1. Ändern muss sich das aktuelle Wachstumsparadigma der Wirtschaft und der Konsumgesellschaft. Dazu wird Professor Kurz am Vormittag referieren. 2. Ändern muss sich die Einstellung des Menschen: Es braucht eine andere Philosophie und eine tiefgreifende Veränderung eines bisher ganz auf den Menschen zentrierten theologischen Paradigmas. Dazu wird am Nachmittag Bischöfin Wartenberg-Potter referieren. 3. Wie solche Änderungen möglich sind und was wir als Einzelne und als Gruppen dazu tun können, auch in den Kirchengemeinden, dazu wird es am späten Vormittag nach zwei kürzeren Impulsen Kleingruppengespräche geben.

Ein Kommentar zu „Tag der Arbeit

  1. IIn Stuttgart erstesmal war 2 Demo, eine in Schloßplatz für Ausländer(hauptsächlich kurden und tiberet, Bossnier ,), und eine in Rathausplatz mit DGB. Was zusammen nicht mal 1000 Leute, und 2 Uhr war alles aus. Nicht so wie in 70 Jahren in Frankfurt. Lg: Kinga

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